„Dann bin ich ausgerastet“Wutausbruch: Funkel erinnert sich an härteste Entlassung

Friedhelm Funkel schreit bei einem Spiel von Fortuna Düsseldorf in seiner Coaching-Zone.

Friedhelm Funkel wurde in seiner Zeit bei Fortuna Düsseldorf nicht nur an der Seitenlinie lauter, so wie hier am 18. Januar 2020. Auch beim Abschied wurde der Ton scharf.

Beim bislang letzten Bundesliga-Aufstieg von Fortuna Düsseldorf saß Friedhelm Funkel als Trainer auf der Bank. Über seine Zeit bei F95 und den schmerzhaften Abschied sprach er im Dezember 2023 noch einmal mit EXPRESS.de.

von Volker Geissler (vog)

Friedhelm Funkels Zeit in Düsseldorf ist typisch für ihn. Erst ist er der Retter, dann der Aufstiegstrainer. Sie ist aber rückblickend auch völlig verrückt.

Unter anderem gibt es eine Vertragsposse im Wintertrainingslager in Marbella, die nachhaltig hängen bleibt. Und begonnen hat die Geschichte an einem Ort, den man in diesem Zusammenhang so gar nicht vermutet.  

Fortuna-Zeit von Friedhelm Funkel begann in Köln

Funkel ist Anfang 2016 mit Freunden im Kölner Südstadion. Fußballgucken, einfach nur so. An diesem Freitagabend läuft ihm Robert Schäfer über den Weg, seines Zeichens Geschäftsführer bei Dynamo Dresden. Beide kennen sich aus ihrer gemeinsamen Zeit bei 1860 München.

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„Er fragte mich, was ich so mache und ich sagte, ich genieße das Leben. Ich habe auf die Frage, ob ich nochmal was machen würde, gesagt, wenn es in der Nähe wäre“, erinnert sich Funkel an die Begegnung.

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Wenige Monate vorher hatte es eine Anfrage von Fortuna Düsseldorf gegeben. „Frank Kramer war entlassen worden und Peter Herrmann hat das dann gemacht. Sportdirektor Rachid Azzouzi rief an und wollte mal mit mir sprechen“, so Funkel. „Das Gespräch ging zwei Stunden und ich habe gemerkt, der will mich gar nicht. Dann habe ich zu meiner Frau gesagt, wir können drei Wochen Namibia machen.“

Am nächsten Tag rief Azzouzi an, Fortuna hatte sich für Marco Kurz entschieden. „Wir sind dann kreuz und quer mit dem Auto durch Namibia, und als ich zurückkam, hab ich erst gesehen, dass das nicht so gut gelaufen ist.“

Zwei Tage vor Düsseldorfs Spiel in Sandhausen rief Schäfer an und fragte Funkel, ob er sich Fortuna vorstellen könnte. „Ich sagte: Du bist doch in Dresden. Er sagte, in drei Monaten bin ich Vorstandsvorsitzender bei Fortuna.“

Friedhelm Funkel küsste Fortuna wieder wach

Am Tag danach war der Trainer mit Anja Tennis spielen. „Ich habe mit einem Auge natürlich mal geguckt, wie es bei Fortuna steht. Sie haben 0:1 verloren und zehn Minuten später ging bei mir das Telefon. Robert war am Telefon und fragte, ob wir mal sprechen könnten.“

Dann war schnell alles klar. Funkel holte als erste Amtshandlung die aussortierten Routiniers Adam Bodzek und Oliver Fink zurück in seine Startelf. Bei Funkels Debüt spielten sie gleich eine entscheidende Rolle. Fortuna siegte 4:3 gegen Kaiserslautern, am Ende stand der Klassenerhalt in der 2. Bundesliga.

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Funkel machte weiter, wollte eine neue Mannschaft bauen und einige enttäuschende Profis loswerden. „Das waren vier, fünf Spieler und Robert sagte: Das Problem ist, die haben alle noch Vertrag. Dann war der Plan, eine Mannschaft aufzubauen, die in zwei Jahren aufsteigen kann. Dann haben wir ganz junge Spieler geholt. Wir sind dann mit Abstiegsgefahr und allem drum und dran Elfter geworden und haben danach gute Spieler geholt.“

Der Plan geht auf, 2018 sichert sich Funkel mit Fortuna am drittletzten Spieltag den Bundesliga-Aufstieg durch einen späten Treffer von Rouwen Hennings in Dresden.

Friedhelm Funkel feiert nach dem Spiel bei Dynamo Dresden mit den Fans von Fortuna Düsseldorf.

Friedhelm Funkel feiert nach dem Spiel bei Dynamo Dresden am 28. April 2018 mit den Fans von Fortuna Düsseldorf.

„Es war Freude pur, weil ich in den drei Jahren auch mit ganzem Herzen Fortune geworden bin. Viele hier in Krefeld sind Fortuna-Fans geworden, mit denen ich Tennis gespielt habe, ein Bier getrunken habe, das war eine Herzensangelegenheit. Ich hab das in der Kabine genossen, bis Marcel Sobottka kam.“

Im Fortuna-Trainingslager kippte die Stimmung bei Friedhelm Funkel

Funkel solle rauskommen, die Fans würden ihn fordern. Der Trainer wollte erst nicht, hatte dann aber eine Idee. „Unter einer Bedingung: Ihr erlasst mir die Strafe, weil in der Mannschaftssitzung mein Handy geklingelt hat. Ich hatte so eine Birne. Das kostete für die Spieler 100, für Trainer und Staff 200 Euro.“

Der Deal lohnte sich: „Ich hab das nur aus Spaß gesagt, aber er meinte, das machen wir und jetzt gehen wir zu den Fans. Man kann dieses Glücksgefühl vor dem Block nicht beschreiben und bei der Pressekonferenz haben die Spieler mich ja von oben bis unten vollgeschüttet mit Bier. Ein unfassbares Erlebnis. Dann war es auch noch der sechste Aufstieg, mit dem ich gar nicht mehr gerechnet hatte. Unvergessen!“

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Düsseldorf war wieder Bundesligist. „Wir sind dann schwer gestartet, hatten neun Punkte nach 14 Spielen, haben dann aber die letzten drei gewonnen. Und dann kam das unsägliche Trainingslager in Marbella“, beschreibt Funkel die wildeste Phase in Düsseldorf.

„Da war plötzlich der Anspruch, dass wir einen Sportdirektor brauchen. Ich sagte Robert, wir machen das doch so gut, und dann kam trotzdem Lutz Pfannenstiel. Er sagte im Trainingslager, du machst das ja gut, aber wir wollen bis April warten. Der hatte das noch nicht ausgesprochen, da sagte ich zu Robert: Das kann doch nicht dein Ernst sein!“

Funkel bot sogar an, nur für den Fall des Klassenerhalts zu unterschreiben, zunächst erfolglos. „Nachts rief noch Reinhold Ernst (damals Aufsichtsratsvorsitzender, Anm. d. Red.) an. Ich hab ihm gesagt: Ich lasse mich nicht vier Monate hinhalten. Ich bin seit 28 Jahren Trainer, das mache ich nicht.“

Friedhelm Funkel als Trainer des Jahres entlassen

Am nächsten Tag ging der Zirkus weiter. „Beim Abflug kam Robert auf mich zu und fragte, ob ich mir das nicht noch mal überlegen könnte. Der hatte Tränen in den Augen, es gab ja auch riesige Proteste der Fans. Ich habe ja dann auch mitgekriegt, wie er beleidigt, bedroht und beschimpft worden ist. Da hat er mir wieder leid getan. Daraufhin hab ich gesagt, wir können am Dienstag nochmal zusammen sprechen.“

Da ging dann plötzlich alles ganz schnell. Anschließend spielte Fortuna eine sensationelle Bundesliga-Rückrunde und wurde am Ende mit 44 Punkten Zehnter.

Friedhelm Funkel gestikuliert bei einem Spiel von Fortuna Düsseldorf an der Seitenlinie.

Friedhelm Funkel rettete Fortuna Düsseldorf im ersten Bundesliga-Jahr souverän vor dem Abstieg. Das Foto zeigt Funkel am 13. September 2019.

Dennoch hatte das Funkel-Theater Folgen: „Diese Posse war der Anfang vom Ende von Robert Schäfer. Völlig unnötig. Der wäre wahrscheinlich heute noch da, weil der hat viele gute Dinge gemacht. Das hat ihn die Bundesliga gekostet. Das war leider so.“

In die neue Saison ging Fortuna personell geschwächt, erwartungsgemäß ging es erneut gegen den Abstieg. Dennoch wurde in Marbella Funkels Vertrag diesmal ohne Nebengeräusche verlängert.

Und dennoch war zwei Spiele später Schluss. Nach Pleiten gegen Bremen und in Leverkusen versicherte der neue Vorstandsvorsitzende Thomas Röttgermann seinem Trainer, er werde auch in der kommenden Woche auf der Bank sitzen.

Friedhelm Funkel erinnert sich an Ausraster nach Fortuna-Freistellung

„Dann war am Abend nach Leverkusen die Wahl zum Düsseldorfer Trainer des Jahres, keiner von den Verantwortlichen war da. Das hat mich stutzig gemacht. Am nächsten Morgen hat Pfannenstiel schon viermal angerufen. Da wusste ich, da ist was im Busch. Auf dem Weg ins Stadion wusste ich, dass ich entlassen werde. Da wo ich immer geparkt habe, stand schon ein Mitarbeiter der Geschäftsstelle. Ich sollte hochkommen, und dann kamen die Floskeln“, erinnert sich Funkel.

Das war zu viel für ihn. „Lutz sprach von einem neuen Impuls und dann bin ich ausgerastet. Das hatte ich noch nie. Das war die brutalste Freistellung, die ich je erlebt habe. Ich weiß gar nicht mehr, was ich alles gesagt habe. Ich bin dann wutentbrannt aufgestanden und hab die Tür zugeschlagen. Ich bin anschließend zur Mannschaft, das war eine sehr emotionale Verabschiedung. Dann bin ich nach Hause gefahren und nachmittags hat der Kollege, der ja nix dafür kann (Uwe Rösler, Anm. d. Red.) schon übernommen. Das heißt ja, dass sie vor dem Bayer-Spiel schon gesprochen haben.“

Mission beim 1. FC Kaiserslautern: Funkel zurück auf der Trainerbank

Fortuna sollte sein letzter Verein sein. Aber diese Nummer wollte Funkel nicht so stehen lassen. Über ein Jahr später klingelte dann das Handy. Es meldete sich der 1. FC Köln...

Seit dem 15. Februar 2024 reiht sich die nächste Trainer-Station in Funkels Vita ein. Eigentlich wollte er nach den Karnevalstagen nach Fuerteventura fliegen, doch stattdessen stand er zweimal in Kaiserslautern auf dem Trainingsplatz, um seine neue Mannschaft kennenzulernen. In Nürnberg wird es am Sonntag (18. Februar 2024, 13.30 Uhr) erstmals ernst.