Deutschlands älteste Jazzkneipe„Em Pöötzke“ vor dem Aus

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Auch Dieter Grosche war immer gerne mit seiner Band „Powerkraut“  im „Pöötzke“ zu Gast.

von Colja Schliewa (cos)

Düsseldorf – Eine urige Theke. Ein falscher Kachelofen. Und natürlich eine Bühne, auf der stets voller Leidenschaft gejazzt wird: Wer noch nie „Em Pöötzke“ war, kennt die Altstadt nicht. Seit 54 Jahren spielt die Musik in Deutschlands ältester Jazz-Kneipe auf der Mertensgasse.  Nun wird sie wohl für immer verstummen. Ein weiteres Stück Altstadtgeschichte fällt dem Corona-Virus zum Opfer.

Der Kachelofen, der seit Jahrzehnten nur zu Deko-Zwecken dient, ist das einzig unechte in der Kneipe im Herzen der Düsseldorfer Altstadt.  Er ist nur dazu geeignet, für Ambiente zu sorgen. Feuer brannte in dem alten Schmuckstück deshalb nie.

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Freddy Schauwecker „Em Pöötzke“. Nirgendwo fühlt sich die Düsseldorfer Jazz-Ikone so wohl, wie in seinem „Wohnzimmer“.

Dafür loderte das Feuer allerdings im restlichen „Pöötzke“ seit  1966 besonders hell. Für nationale und internationale Jazz-Liebhaber ist der Laden längst mehr als Kult.  Als Musiker muss man dort  gespielt haben. Und als Fan muss man dort gewesen sein, um zu lauschen.

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Düsseldorf: Im „Pöötzke“ hat Freddy Schauwecker sein Heimspiel

Düsseldorfs Dixieland-Ikone Freddy Schauwecker war von Anfang an „Em Pöötzke“ dabei.  Obwohl er mit seinem Jolly Jazz Orchestra die ganze Welt bereiste, wird das „Pöötzke“ immer seine Heimatbühne bleiben.  So großartig es auch sein mag,  in der Geburtsstätte des Dixieland-Jazz New Orleans zu spielen. Das „Pöötzke“ ist Freddys ganz persönliche Wiege.  Wie viele Auftritte er dort im Laufe der Jahre hingelegt hat, wagt er sich noch nicht einmal zu schätzen.

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„Mr. Saxopeter“: Peter van der Heusen  übernahm vor fünf Jahren das „Pöötzke“.  Im September ist das Kapitel für ihn beendet.

Auch  Rod Mason (73) spürte den Zauber und die natürliche Herzlichkeit des urigen Altstadtlokals, in dem die Musiker traditionell in der Pause mit einem Eimer sammeln gehen, ihr Publikum um„einem „Heiamann“  bitten, auch wenn es den schon längst nicht mehr gibt.

Düsseldorf: 60 Prozent Umsatzeinbußen „Em Pöötzke“

Aus und vorbei.  Ende September läuft der Pachtvertrag des Wirtes Peter van der Heusen aus, seines Zeichens selbst ein leidenschaftlicher Saxofonist („Mr. Saxopeter“). Verlängern will er nicht mehr.  Durch die Corona-Krise bleiben die für das „Pöötzke“ so wichtigen Messen aus.  „Wir haben Umsatzeinbußen von 60 Prozent, aber die Kosten bleiben natürlich gleich“, sagt der Düsseldorfer, der vor fünf Jahren das „Pöötzke“ übernahm, und die Kneipe damit schon einmal vor dem Garaus rettete.

Anfang des Jahres hatte Peter van der Heusen bereits den Gedanken gefasst, das Lokal aufzugeben. Die Pandemie lässt ihm nun gar keine andere Wahl. Rettet nun jemand anders das traditionsreiche „Pöötzke“? In diesen Zeiten wird sich ein neuer Wirt wohl nicht leicht finden lassen. Das „Pöötzke“  spielt Ende September seinen Schlussakkord. Und in der Altstadt stirbt eine Legende.

Düsseldorf: Woher das "Em Pöötzke" eigentlich seinen Namen hat

„Pöötzke“ – damit bezeichnet der Düsseldorfer in seiner Mundart eine kleine Tür (Verniedlichungsform von „Porz“).   Ein solches Türchen befand sich früher ungefähr dort, wo sich heute die Toiletten in dem berühmten Jazz-Club befinden.   Dieser Hintertür verdankt das „Pöötzke“ seinen Namen. Wenn nämlich früher in der benachbarten Neanderkirche zum Gottesdienst gebeten wurde, schlichen sich  die Männer gerne weg und verschwanden durch das Hintertürchen in die Kneipe, um dort schnell und heimlich ein paar Bierchen zu trinken, bevor sie wieder zu ihren Frauen in die Kirche zurückkehrten.