30.000-Euro-KlageKölner (36) zieht wegen Impfschaden vor Gericht – Anwalt heizt Gutachter ein

Eine Person sticht einer anderen Person eine Spritze in den Oberarm.

Eine Person wird am 19. November 2021 gegen Covid-19 geimpft. 

Prozess vor dem Kölner Landgericht: Ein Kölner klagt auf Schmerzensgeld, weil er nach einer Covid-Impfung krank wurde. 

von Iris Klingelhöfer (iri)

Millionen Menschen haben sich gegen Corona impfen lassen. Auch ein Kölner – doch er erlitt einen möglichen Impfschaden. Jetzt will er bis zu 30.000 Euro Schmerzensgeld vom Hersteller Astrazeneca. 

Beim Verhandlungstermin am Dienstag (27. Februar 2024) vor dem Kölner Landgericht nahmen die beiden Anwälte des Klägers einen Gutachter in die Zange.  

Zivilprozess in Köln: Kläger erlitt nach Covid-19-Impfung eine Thrombose

Ende Mai 2021 war der damals 36-jährige Kölner mit Vaxzervia von Astrazeneca gegen Covid-19 geimpft worden und hatte eine VITT erlitten. Das steht für Vakzin-induzierte immunthrombotische Thrombozytopenie und ist eine seltene, jedoch schwerwiegende und in einigen Fällen tödliche Komplikation nach der Impfung mit Covid-19-Impfstoffen auf Basis von viralen Vektoren. 

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Das Gutachten von Professor Klaus Mörike bestätigte, dass der bei dem Kläger aufgetretene Krankheitsfall auf die Impfung zurückzuführen ist. Die Fachinformation (über Anwendung, Risiken, Nebenwirkungen) sei aber nicht zu beanstanden, so der Experte. Sie gehe insbesondere auf das Risiko von Thrombosen ein. 

Gutachter in Kölner Prozess: Risiko einer Nebenwirkung schicksalshaft

Eine VITT trete jedoch sehr selten auf, erklärte Mörike. Wobei sehr selten bei einem Verhältnis von 1:10.000 läge. Insgesamt bewertete er das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Vaxzervia als positiv. Der Nutzen sei bei Weitem höher als das Risiko. 

Weil der Professor in seinem Gutachten bezüglich des Auftretens von VITT von „sehr selten“, an anderer Stelle von „recht selten“ schreibt, hakte einer der Klägeranwälte, Joachim Cäsar-Preller, nach. „Das wurde recht locker genutzt. Was ist tatsächlich gemeint?“

„Ich messe diesem Unterschied keine Bedeutung bei. Heute ist es leichter abzugrenzen, als es damals bei der Impfung gewesen ist“, erklärte Gutachter Mörike vor Gericht. Es sei als „schicksalshaft“ anzusehen, ob man diese Nebenwirkung bekommt oder nicht, sagte er im Hinblick auf den Kläger. Mörike: „Es gibt keinen Test für einen Impfkandidaten, um die individuellen Risiken abzuschätzen.“ 

Anwalt von Kölner: „Mein Mandant stand kurz vor dem Weg ins Paradies“

Im Frühjahr 2021 hatte die Ständige Impfkommission (Stiko) ihre Impfempfehlung geändert. Sie betraf unter anderem Personen unter 60, die die Erstimpfung mit Astrazeneca-Impfung erhalten hatten. Ihnen empfahl die Stiko, anstelle der zweiten Astrazeneca-Impfdosis eine Dosis eines mRNA-Impfstoffs. 

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„Das war doch eine Warnung“, brauste Anwalt Cäsar-Preller auf. Doch der Gutachter blieb ruhig, sah die Impfung nicht als fehlerhaft. Der Anwalt daraufhin: „Mein Mandant hat eine Sinusvenen-Thrombose erlitten und stand kurz vor dem Weg ins Paradies!“

Eine Sinusvenen-Thrombose führt häufig zu Stauungsblutungen und ist für etwa ein Prozent der Schlaganfälle verantwortlich.

Gutachter vor Kölner Gericht: Kein Zweifel an Stiko-Empfehlung

Auch die Stiko-Empfehlung „nach ärztlichem Ermessen, individueller Risikoabwägung und sorgfältiger Aufklärung“ sah der Anwalt als Warnung. „Nein, sonst hätte es da gestanden. Warnung ist Warnung“, entgegnete der Gutachter. Er würde sich selbst heute noch mit Vaxzervia impfen lassen. Darauf der Anwalt: „Ich weiß nicht, ob man hier nicht schon einen Befangenheitsantrag stellen könnte ...“

Amtsgericht, Landgericht ...

Diese Gerichte gibt es in Köln

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Er sehe keinen Anlass, an der Korrektheit der Stiko-Empfehlung zu zweifeln, stellte Professor Mörike klar. Angesichts der pandemischen Lage sei es nicht anders machbar gewesen, als unter Hochdruck zu arbeiten. So habe es Langzeitstudien gegeben, aber im Rahmen.  „Es hätte sonst zur Folge gehabt, dass wir bis heute noch keinen Impfstoff hätten“, erklärte er in der Verhandlung. 

Die VITT war im Fall des Klägers gut verlaufen, weil er selbst die Symptome bemerkt und sich in ärztliche Behandlung begeben hatte. Gutachter Mörike: „Insofern hatte er noch Glück im Unglück.“ Der Prozess geht weiter.