Sky-Serie„The Tattooist Of Auschwitz“ erzählt von unmöglicher Liebe im KZ

„The Tattooist Of Auschwitz“ erzählt eine eigentlich unmögliche Liebesgeschichte. Dabei gelingt der Sky-Produktion der Spagat zwischen ehrlichen Gefühlen und dem Abbild der grausamen Lebensumstände.

Ein Funke Hoffnung inmitten größter Verzweiflung: Als Lale (Jonah Hauer-King) in die Augen von Gita (Anna Próchniak) blickt, verspürt er erstmals seit Ewigkeiten wieder so etwas wie Glück, gar Zuversicht. Dabei lebt der 26-Jährige in der wohl lebensfeindlichsten Umgebung überhaupt: im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau.

Die Sky-Originalserie „The Tattooist Of Auschwitz“ (ab 8. Mai bei Sky und WOW) erzählt nun eine schier unmöglich anmutende Liebesgeschichte, die allerdings auf eine wahre Geschichte zurückgeht.

„The Tattooist Of Auschwitz“ adaptiert Buchbestseller von Heather Morris

Zwar wird gleich zu Beginn der sechsteiligen Produktion unter der israelischen Regisseurin Tali Shalom-Ezer deutlich gemacht, dass einige Elemente wegen „dramatischen Gründen“ fiktionalisiert worden seien.

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Im Wesentlichen aber bannt „The Tattooist Of Auschwitz“ das Kennenlernen der einstigen KZ-Insassen Lale Sokolov und Gita Fuhrmannova 1942 auf den Bildschirm und adaptiert den Buchbestseller von Heather Morris, die Sokolov über die drei Jahre hinweg interviewte.

Lale (Jonah Hauer-King, links) ist direkt dem grausamen Nazi Stefan Baretzki (Jonas Nay) untergeordnet. (Bild: Sky UK Limited)

Lale (Jonah Hauer-King, links) ist direkt dem grausamen Nazi Stefan Baretzki (Jonas Nay) untergeordnet. (Bild: Sky UK Limited)

Gleicher Handlungsort wie in „The Zone Of Interest“, aber ganz anders erzählt

Erzählt wird von der sich zart entwicklenden Zuneigung aus zwei Perspektiven. Im Hier und Jetzt berichtet Lale als hochbetagter Senior, gespielt von Harvey Keitel, der Journalistin Heather Morris (Melanie Lynskey, „Two And A Half Man“) von seiner Zeit im KZ.

Was er hinter den Toren mit der menschenverachtenden Aufschrift „Arbeit macht frei“ erlebt hat, spiegelt die bewegende Serie in Rückblicken wider.

Jahrzehnte nach seiner Zeit im KZ berichtet Lale (Harvey Keitel) der Journalistin Heather Morris (Melanie Lynskey) von seinen Erfahrungen. (Bild: Sky UK Limited)

Jahrzehnte nach seiner Zeit im KZ berichtet Lale (Harvey Keitel) der Journalistin Heather Morris (Melanie Lynskey) von seinen Erfahrungen. (Bild: Sky UK Limited)

Gita (Anna Próchniak, rechts) berichtet ihren Freundinnen von einer der Liebesbotschaften von Lale. (Bild: Sky UK Limited)

Gita (Anna Próchniak, rechts) berichtet ihren Freundinnen von einer der Liebesbotschaften von Lale. (Bild: Sky UK Limited)

Mit expliziter Wucht, gleichwohl aber ohne effekthascherischer Übertreibung geht „The Tattooist Of Auschwitz“ einen anderen Weg und zeigt schonungslos Sequenzen von Wagenladungen voller abgemagerten Leichen oder willkürlich verteilter Kopfschüsse von abartig grinsenden SS-Männern.

Zu Letzteren gehört auch Stefan Baretzki (Jonas Nay, „Deutschland 83“), der Lale unter seine Fittiche nimmt - und gleichermaßen seine Probleme auf den Häftling projiziert und seinen Ärger an ihm auslässt. Doch um Gita nah zu sein, lässt sich Lale auf ein Arrangement mit dem Nazi ein. „Ich habe einen Handel mit dem Teufel abgeschlossen“, berichtet er im hohen Alter der Journalistin Heather Morris.

Wenn der Liebesbrief zum Klopapier umfunktioniert wird

Eine Liebesgeschichte im KZ zu erzählen, hätte in Form von geschichtsverharmlosendem Kitsch schrecklich schiefgehen können. Doch die Macher lassen die Gefühle von Lale und Gita nur sachte erblühen und klammern die schrecklichen Umstände nicht aus. Es geht ganz schön an die Nieren, selbstgerechte Nationalsozialisten bei der Auswahl der nächsten Todesopfer während des Morgenappells zu beobachten oder Stefan Baretzki beim Weg mit Lale aus der Gaskammer witzeln zu hören: „Du bist der einzige, der hier reinging und auch wieder raus.“

Und trotzdem weben die Macher in den schockierenden Realitätscheck des dunkelsten Kapitels der deutschen Geschichte menschelnde Momente ein. Als Gita ihren Weggefährtinnen eine poetisch getextete Liebesbotschaft von Lale verliest, während sie gemeinsam auf der Latrine hocken, wird das Briefchen aus Mangel an Alternativen zum Klopapier umfunktioniert. Gleichwohl verdeutlichen die Visionen, die den „alten“ Lale noch Jahrzehnte nach den erlebten Traumata heimsuchen, dass manchen Wunden nie verheilen. (tsch)