Sensationelle Wende in DüsseldorfOB Geisel will Farid-Bang-Video löschen lassen

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Schrieb Minister Joachim Stamp einen ebenso bitterbösen wie überraschenden Brief: Düsseldorfs OB Thomas Geisel.

von Michael Kerst (mik)

Düsseldorf – Nach nicht abreißender Kritik an der Kooperation mit dem Skandal-Rapper Farid Bang ist Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) bereit, ein umstrittenes Video aus dem Social-Media-Kanal der Stadt zu löschen.

Sollte sich die Mehrheit der demokratischen Fraktionen im Rat dafür aussprechen, werde er das Video löschen lassen. Das kündigte Geisel am Freitag in einem Brief an seine Wahlkampfunterstützer und SPD-Mitglieder an.

Düsseldorfer OB zieht Video mit Skandal-Rapper zurück, weil die Diskussionen andauerten

Angesichts der kontroversen Diskussionen auch in seiner eigenen Partei stelle er sich die Frage, ob er richtig gehandelt habe, schreibt Geisel in dem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Brief.

Geisel hatte am Mittwoch einen Video-Clip der Stadt veröffentlichen lassen, in dem der wegen frauenfeindlicher, gewaltverherrlichender und antisemitischer Texte kritisierte Düsseldorfer Rapper feiernde junge Leute in der Altstadt zum Respekt vor den Corona-Regeln ermahnt.

Düsseldorfer OB zieht Video mit Skandal-Rapper zurück - und er entschuldigt sich

Der Clip, mit dem Geisel vor allem junge Männer mit Migrationshintergrund ansprechen will, wurde quer durch die Parteien und auch von der jüdischen Gemeinde kritisiert. Das Video wurde laut Geisel mittlerweile bereits mehrere Hunderttausend Mal angeklickt.

Geisel entschuldigt sich in dem Brief dafür, dass auch viele Frauen und Mitglieder der Queer-Community „regelrecht entsetzt und zum Teil auch persönlich getroffen und verletzt“ worden seien. Diesen Aspekt habe er „offensichtlich nicht gründlich genug recherchiert“.

Zur Toleranz gehöre aber auch, „Anschauungen, Lebensentwürfe und Äußerungen auszuhalten, die unseren Vorstellungen von zivilisatorischem Fortschritt und Political Correctness nicht entsprechen“. Zu dieser vielfältigen Gesellschaft gehörten auch Farid Bang, seine Fans und „die jungen Männer, die am Wochenende das Rheinufer unsicher machen“.

Geisels Rückzug des Farid-Bang-Videos: Grüner OB-Kandidat verlangt Entschuldigung vom OB

Geisels Konkurrent im Kampf um das OB-Amt, Stefan Engstfeld von den Grünen, reagierte sofort und forderte: „Herr Geisel, es geht hier nicht darum, sich einer Mehrheit zu beugen. Sie müssen das Video sofort löschen und zugeben, dass es ein Riesenfehler war sich mit einem Rapper einzulassen, der für Homophobie, Antisemitismus und Frauenverachtung steht. Sie müssen sich dafür entschuldigen!“

Am Nachmittag schrieb Geisel noch einen seltsamen Brief an Integrationsminister Stamp

Man muss zugeben: Manchmal werden die Düsseldorfer in diesen Tagen von offiziellen Erklärungen überrascht, die aus dem Rathaus herausgegeben werden. Das Neueste in dieser Reihe: Oberbürgermeister Thomas Geisel erklärte ganz offiziell „Ich habe alle Tassen im Schrank“.

Anlass für das etwas seltsame Statement des OB war ein Satz, den NRW-Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) in der „Lokalzeit Düsseldorf“ des WDR gesagt hatte: „Ich sag’s ganz ehrlich: Ich habe mich gefragt, ob der OB noch alle Tassen im Schrank hat.“ Damit drückte Stamp seine Kritik an dem umstrittenen Video aus, das Geisel mit dem Skandal-Rapper Farid Bang gedreht hatte.

Bitterböser Brief an Minister Stamp: Das schrieb ihm OB Thomas Geisel

Der OB schrieb deshalb dem Minister einen Brief, in dem es wörtlich heißt:

„Sehr geehrter Herr Minister,

in einem WDR-Interview haben Sie zum Video von Farid Bang unter anderem gesagt: 'Ich frage mich allen Ernstes, ob der Oberbürgermeister noch alle Tassen im Schrank hat.'

Zunächst einmal finde ich es mehr als befremdlich, dass ein Landesminister aus dem Amt heraus, während des Kommunalwahlkampfes in dieser Art und Weise agiert. Das scheint mir mit dem Neutralitätsgebot nicht vereinbar zu sein.

Gerade die derbe, unangemessene Ausdrucksweise, aber auch das Fehlen jeglicher konstruktiver Vorschläge des Integrationsministers zu den Problemen hier vor Ort, die sicherlich auch eine Folge mangelnder Integration sind, legen die Vermutung nahe, dass es hier nicht um eine sachliche Auseinandersetzung geht, sondern schlicht um Wahlkampf.

Zur Sache kann ich Ihnen versichern, dass ich durchaus 'alle Tassen im Schrank' habe und ich mir sehr wohl überlegt habe, ob ein solches Video mit Farid Bang hilfreich sein kann für die Lösung der darin angesprochenen Probleme.

Das hätte ich Ihnen gerne auch persönlich erklärt, wenn es Sie denn wirklich interessiert hätte. Den Versuch einer Kontaktaufnahme Ihrerseits hat es aber nicht gegeben.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Geisel“