Düsseldorfer Obdachlose in Corona-Zeiten„Behandelt wie Pestkranke im Mittelalter“

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Ein Obdachloser schläft am Rheinufer in Düsseldorf (Symbolfoto).

Düsseldorf – Es heißt Abstand halten in diesen Tagen. Bloß keinen Körperkontakt und am besten man bleibt zu Hause in den eigenen vier Wänden. Aber was ist mit denen, die keine eigenen vier Wände haben?

Während ehrenamtliche Hilfsangebote dichtmachen müssen, bleiben Düsseldorfer Obdachlose allein auf der Straße zurück.

Coronavirus: Menschen fürchten Ansteckungen bei Obdachlosen

„Wie immer sind die Ärmsten der Armen betroffen und leiden am meisten unter der Situation“, sagt Hubert Ostendorf (59), Geschäftsführer des Obdachlosen Magazins „fiftyfifty“. Täglich erlebt er die Auswirkungen des Corona-Wahnsinns und die Hilflosigkeit der Straßenverkäufer. „Die Menschen fühlen sich behandelt wie die Pestkranken im Mittelalter.“

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„Obdachlose werden oft mit Schmutz- und Virusträgern assoziiert“, so Ossendorf. Viele fürchten sich vor einer erhöhten Ansteckungsgefahr, wenn sie bei den Straßenverkäufern eine Zeitung entgegennehmen.

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In Zeiten der Corona-Krise fordert Ostendorf: „Lasst die Menschen verkaufen! So lange die Supermärkte geöffnet haben, können die Leute da auch ihre Zeitungen verkaufen.“ Mit diesem Appell richtet er sich auch an die Discounter-Kette Aldi, die das Verkaufen vor den Aldi Süd Filialen aktuell in Düsseldorf verbietet.

Dabei sorgt die fehlende Kundschaft für regelrechte Existenzängste bei den Wohnungslosen, für die der Zeitungsverkauf oftmals die einzige Einnahmequelle ist. „Viele machen überhaupt kein Geld mehr. Sie befinden sich in einer Zwickmühle, denn auch die  Hilfsangebote, wie die Tafel und Suppenküchen, werden eingestellt.“ 

Coronavirus: Ehrenamtliche Arbeit muss eingestellt werden

Auch bei der Wohnungslosenhilfe der Düsseldorfer „Franz Freunde“ ist die ehrenamtliche Arbeit eingestellt. Bei den Notschlafstellen ist die Personaldichte der angestellten Arbeitskräfte allerdings gleichgeblieben.

Jürgen Plitt (60), Geschäftsbereichsleiter der Wohnungslosenhilfe, erklärt, warum: „Wir wollen unsere Mitarbeiter einerseits schützen, andererseits erfahren wir aktuell eine sehr große Nachfrage durch die Verunsicherung unserer Klienten. Wenn wir die Mitarbeiterzahlen reduzieren würden, wäre die Arbeitsbelastung der verbleibenden Mitarbeiter deutlich höher.“

Coronavirus in Düsseldorf: Hohes Risiko in Notunterkünften

Das Infektionsrisiko ist in Notunterkünften besonders groß. „Hier kommt eine Vielzahl hochsensibler Menschen zusammen, die teilweise Tiere bei sich haben und Drogen konsumieren. Wenn nur ein einziger Corona-Fall auftritt, müssen alle dort in Quarantäne“, sagt Ostendorf.

Um die Ansteckungsgefahr zu verringern, gilt: „Händewaschen, Händewaschen, Händewaschen! Das sagen wir den Menschen, wenn sie reinkommen. Wir hoffen, dass das eine Wirkung zeigt“, erklärt Jürgen Plitt.

Auch an den Anlaufstellen für „fiftyfifty“-Verkäufer wird auf verstärkte Handhygiene geachtet. Dennoch bleibt die Angst – nicht nur vor der fehlenden Einnahmequelle, sondern auch vor dem Virus an sich. „Viele Wohnungslose haben keine Krankenversicherung.