Bonn – Der Fall sorgte für einige Schlagzeilen und brachte vor allem die arabische Welt in Bad Godesberg in Aufruhr. Mitten in der City, am Aennchenplatz, wurden am 10. August 2016 zwei arabische Lokale demoliert: erst die Bar eines Ägypters, kurz darauf die Shisha-Lounge mit irakischen Eignern.
Die Schlägereien verlagerten sich schließlich auf die Kreuzung Koblenzer Straße, wo sich Dutzende von Schaulustigen versammelten. Bis 13 Einsatzfahrzeuge der Polizei die City abriegelten, die erhitzten Gemüter beruhigt werden konnten und drei Männer festgenommen wurden. Die Hintergründe der gewalttätigen Auftritte konnten nie aufgeklärt werden. Auch nicht jetzt im Prozess vor dem Bonner Amtsgericht.
Arabische Lokale zertrümmert: Prozess in Bonn vier Jahre später
Fast vier Jahre nach den schlagkräftigen Auftritten zwischen zwei verfeindeten arabischen Lagern wurden drei Angeklagte im Alter zwischen 33 und 41 Jahren wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung zu Haft- und Bewährungsstrafen zwischen 14 Monaten und zwei Jahren und acht Monaten verurteilt.
Demnach hatte der 41-jährige Besitzer der Shisha-Lounge ein Rollkommando organisiert, nachdem einer seiner Leute am Tag zuvor mit einem blauen Auge heimgekehrt war: Um sich „zu rächen und die eigene Macht zu demonstrieren“ platzten neun Männer, darunter die drei Angeklagten, in die Bar und warfen mit allem, was sie in die Hand bekamen.
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Tische, Schemel, weiße Polstersessel oder auch ein Schreibtisch flogen durch die Luft. Unbeteiligte Gäste verschanzten sich hintern einem Regal, der als Raumteiler etwas Schutz bot. Zum Abschluss kam auch noch Pfefferspray gegen die Inhaber zum Einsatz.
Arabische Lokale zertrümmert: Gegenschlag am Abend
Kurz nur blieb es ruhig, dann wurde noch am Abend zum Gegenschlag ausgeholt: Der attackierte Barinhaber und ein Freund zogen auf die gegenüberliegende Straßenseite am Aennchenplatz. Mit Fleischerbeil und -messer bewaffnet, zerschlugen sie im Gegenzug das Inventar der Shisha-Lounge und richteten einen Sachschaden von 12.000 Euro an.
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Godesberg war in Aufruhr: Aber eine Woche nach dem Gewaltausbruch hatten die Beteiligten versucht, den Vorfall auf eigene Weise zu befrieden: Ein Lamm wurde auf arabische Art geschlachtet und es wurde zu einem Versöhnungsessen – auch mit einheimischen Geschäftsleuten geladen.
Bei diesem Friedensmahl versprach man sich gegenseitig, die Sache nicht weiter hochzuschaukeln, um das Image Godesbergs nicht weiter zu beschädigen. Auch soll beschlossen worden sein, in einem „Gerichtsverfahren schonend miteinander umzugehen“. Auf Strafanzeigen wurde verzichtet.
Arabische Lokale zertrümmert: Richter sauer über Absprachen
Entsprechend wurde der Vorfall jetzt im Prozess bagatellisiert, verharmlost; Zeugen beriefen sich auf Erinnerungslücken. Der Amtsrichter konnte diese Blockade-Strategie nicht gutheißen: Das sei „der klare Versuch einer Parallelwelt, gewalttätige Auseinandersetzungen auf eigene Weise zu schlichten und zu beenden, ohne Polizei und Justiz zu beteiligen“.
Pech nur für die drei Angeklagten: Ihr dreiminütiger gewalttätiger Rache-Auftritt in der Bar war von einer Überwachungskamera aufgezeichnet worden. Ohne das Video hätte es keinen einzigen sinnvollen Beweis gegeben, so der Amtsrichter im Urteil. (ucs)
