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Interview

„Bin Kamillentee-Rocker“Bülent Ceylan über Zweitkarriere – und warum mit Boris Becker alles begann

Bülent Ceylan am 4. März 2024 in Köln

Bülent Ceylan mag Menschen, das verrät auch der Titel seines neuen Albums, das direkt in die Charts ging. Das Foto zeigt ihn im März 2024 in Köln

Comedian Bülent Ceylan hat mit EXPRESS.de über seine neue Zweitkarriere gesprochen. Außerdem erklärt er, warum er Boris Becker sozusagen seine Karriere verdankt und welcher Spruch bis heute zieht.

von Horst Stellmacher (sm)

Komiker Bülent Ceylan (48) macht das, wovon viele träumen, es aber dann nie hinbekommen: Der Komiker startet eine zusätzliche Karriere als Rocksänger, Untergruppe Heavy Metal!

Das Zeug dazu hat er: Sein Album „Ich liebe Menschen“ ist in den Charts, am 28. April 2024 ist er mit frischer Band und voller Power im Kölner E-Werk (ab 19 Uhr), Anfang August kann man ihn „livehaftig“ im Rockparadies Wacken erleben. Viele Gründe für ein Treffen.

Bülent Ceylan: 

Was stand als junger Mann bei Ihnen an erster Stelle – Comedy oder Musik?

Alles zum Thema The Masked Singer

Bülent Ceylan: Mein absoluter Traum war es damals, Rockstar zu werden. An erster Stelle stand bei mir unsere Band Maine. Wir waren auf dem Weg zu Localheroes – aber dann hat es leider nicht geklappt, weil nicht alle Band-Mitglieder das Rockstar-Sein für eine geile Sache hielten.

Aber jetzt hat die Rockmusik Sie wieder erwischt. Wie kam es dazu?

Bülent Ceylan: Die Musik war nie ganz weg aus meinem Leben, sie war immer in mir, ich war und bin ein Kamillentee-Rocker. Ich habe weiter Metal gehört – Metallica, Korn, Rage Against The Machine, Tool. Und als Comedian habe ich auf der Bühne ja auch mit Headbanging weitergemacht.

Träume haben viele, und viele Träume erledigen sich von selbst. Wie kam es dazu, dass Ihr Traum wahr wurde, sodass Ihr Album „Ich liebe Menschen“ für Furore sorgt?

Bülent Ceylan: Entscheidend war 2019 meine Teilnahme bei der ersten „The Masked Singer“-Show auf Pro7, in der ich bis ins Finale kam. Da habe ich wieder Blut geleckt. Ich bin gleich danach von vielen Leute gefragt worden, ob ich mit meiner Musik nicht ein ganzes Album machen wolle, und das wollte ich sofort. Jetzt ist es da.

„Ich liebe Menschen“, seltsamer Titel für ein Heavy-Metal-Album ...

Bülent Ceylan: ... aber er ist mein tiefster Ernst. Ich denke stets positiv, glaube an das Gute im Menschen, ich nehme das Wort „Nächstenliebe“ ernst und gebe jedem am Anfang die Chance, dass ich ihn mag. Das möchte ich weiter vermitteln. Es bedeutet, dass meine Musik für jeden da ist – egal, was er glaubt, welche Hautfarbe er hat, wen er liebt. Einige Themen werden zwar mit Augenzwinkern serviert, aber es ist ein ernsthaftes Album. So politisch war ich noch nie. Aber das ist ja auch das, was mich als Mensch beschäftigt.

Bülent Ceylan und Horst Stellmacher am 4. März 2024 in Kölni

EXPRESS-Reporter Horst Stellmacher im März 2024 im Gespräch mit Bülent Ceylan.

Keine Angst, dadurch Comedy-Fans zu verlieren?

Bülent Ceylan: Wenn man seine Einstellung so klar bekundet, wird das nicht jedem passen, das weiß ich. Aber das bin ich nun mal. Ich glaube auch, dass die meisten Menschen jetzt spüren, dass es wichtig ist, jetzt auf die Straße zu gehen. Wenn wir sehen, was überall Schlimmes passiert – da kann man nicht schweigen! Wer schweigt, macht sich mitschuldig.

Sie sind jetzt mit zwei Tourneen unterwegs – am 28. April kommen Sie als Rocker, am 11. Oktober 2024 und 3. Oktober 2025 mit dem Comedy-Programm „Yallah Hopp“ ins Kölner E-Werk. Ist es nicht schwer, zweigleisig zu fahren?

Bülent Ceylan: Ja, in Deutschland steckt man schnell in einer Schublade, aus der man nur schwer rauskommt. Anders als zum Beispiel in Amerika, wo die Künstler als Gesamtpaket wahrgenommen und akzeptiert werden. Einer kann durchaus mehrere Dinge machen – Musik, Schauspiel, Witze. Das gehört alles zusammen. Das ist hier anders. Du darfst als Comedian natürlich mal witzige Songs machen, das wird akzeptiert. Aber Songs mit ernsten Texten? Das ist schwer. Das ist für mich eine besondere Herausforderung.

Wenn Sie die Qual der Wahl hätten: Welches Lied sollte unbedingt überleben?

Bülent Ceylan: Sehr wichtig ist mir „Rüstung aus Hass“, meine Ansage an alle, die uns den Spaß am Leben nehmen wollen. Und denen, die zwischendurch mal lachen wollen, empfehle ich „Wenn Metaller traurig sind“. Das habe ich schon im Comedy-Programm gespielt, es kam immer super an.

Gast auf dem Album ist Peter Maffay, mit dem Sie „Anders gleich“ singen, ein Lied gegen Rassismus. Wie kam es zur Zusammenarbeit?

Bülent Ceylan: Ich habe Peter bei der Vorbereitung zur TV-Jubiläumsgala 40 Jahre Tabaluga kennengelernt, und wir haben uns angefreundet. Als ich ihn fragte, ob er beim Album mitmachen möchte, hat er sofort zugestimmt. Das macht mich stolz –  Peter Maffay ist ja einer, der sich klar positioniert und sagt, was er denkt.

Bülent Ceylan über Rassismus: „Konnte mich immer wehren“

Rassismus ist ein großes Thema in Deutschland. Hatten Sie damit auch mal zu tun?

Bülent Ceylan: Ja klar, als ich jung war. Aber es war nie so massiv, weil ich mich wehren konnte. Ich bin meist mit Respekt behandelt worden. Die meisten Menschen haben mich genommen, wie ich bin.

Sehr berührend ist die Ballade „Wohin du gehst“ der Song eines Vaters für sein Kind. Um wen geht es hier?

Bülent Ceylan: Ich habe das Lied meiner großen Tochter gewidmet. Ich sehe sie nur noch selten, weil sie weit weg im Ausland wohnt. Sie ist noch keine 18, möchte ihren eigenen Weg gehen. Sie möchte nicht, dass man eines Tages sagt: „Sie hat es sehr leicht gehabt, ihr Papa hat ihr sicher geholfen“.

Bülent Ceylan als "Engel" bei "The Masked Singer" 2019

Als Engel sang Bülent Ceylan 2019 bei „The Masked Singer“ mit – und kam so richtig auf den Geschmack.

Lassen Sie uns noch mal über Ihr anderes Standbein sprechen – Comedy. Wann haben Sie gemerkt, dass Sie andere zum Lachen bringen können?

Bülent Ceylan: Den Tag kann ich noch genau benennen, es war vor 41 Jahren, ich war sieben Jahre alt. Damals war gerade meine Oma verstorben, und meine Mama war unendlich traurig. Das hat mich so sehr berührt, dass ich so lange Witze und Faxen gemacht hatte, bis sie wieder lachte. Dass ich andere zum Lachen bringen konnte, fand ich toll. Das habe ich weitergemacht. Und da ich schon gut parodieren konnte, habe ich auf Familienfesten Prominente nachgemacht.

Wurden Sie bei so viel Erfolg bei Ihren Mitschülern nicht zur Nervensäge für die Lehrer?

Bülent Ceylan: Ob man es glaubt oder nicht: nein! Im Gegenteil! Ich war noch sehr schüchtern. Ich habe mal einen Lehrer wiedergetroffen, der sogar ganz erstaunt über meine Karriere war: „Wie hast du das hinbekommen? Du warst doch so unauffällig und super ruhig! Das hätte ich nicht von dir erwartet!“

Bülent Ceylan: Karriere begann dank Boris Becker

Und wie haben Sie es hinbekommen?

Bülent Ceylan: Ich bin in der 11. Klasse überredet worden, bei einem Schulfest aufzutreten. Ich habe Boris Becker parodiert – das war ein Riesenerfolg.

Und wann wurde Ihnen endgültig klar, dass sich Spaßmachen zum Beruf eignet?

Bülent Ceylan: Das war alles Zufall, das hat sich so ergeben. Wir hatten unseren Proberaum in einer Musikschule, in der ein Kabarettist als Musikpädagoge arbeitete. Der plante eine politische Veranstaltung. Und weil der von meiner Schwester gehört hatte, dass ich auch Politiker parodieren kann – also Helmut Kohl, Norbert Blüm und wer damals gerade aktuell war – lud er mich ein, beim Programm mitzumachen. Und so ging es los.

Ist der Humor heute der gleiche wie vor 25 Jahren?

Bülent Ceylan: Nee. Da hat sich viel verändert.

Könnten Sie heute noch mit Ihrer ersten Show auftreten?

Bülent Ceylan: Das ginge nur noch mit einigen Nummern. Es gibt inzwischen viele kritische Geister, die jeden Witz genau unter die Lupe nehmen. Aber es gibt zum Glück vieles von damals, das auch heute noch ankommt. So sind bei Spotify zum Beispiel immer noch Gags gefragt, die ich vor langer Zeit produziert habe. Ein ganz großer Renner ist der Spruch „Produzier misch net!“, der sich immer noch sehr gut als T-Shirt verkauft. Und der ist immerhin schon über 25 Jahre alt.

Bülent Ceylan: Metaller, Comedian – und vierfacher Vater

Bülent Ceylan wurde am 4. Januar 1976 in Mannheim geboren. Sein Vater kam 1958 aus der Türkei, seine Mutter ist Deutsche. 1995 machte er ein Praktikum bei Viva. 1998 brach er sein Studium der Philosophie und Politik ab, um seine Bühnenkarriere fortzusetzen. 1998 folgte sein erstes Programm „Produzier misch net!“. 1999 trat er mit seinem Programm „Nou Mässitsch!“ bei Wettbewerben auf, knüpfte Kontakte zu Thomas Hermanns und zur Köln Comedy Schule. 2002 dann der bundesweite Durchbruch mit „Döner for One“.

2009 gab es den Deutschen Comedypreis (als Bester Newcomer). 2010: folgte der CIVIS-Medienpreis für Integration, und ein erster Komiker-Auftritt beim Metal-Festival Summer-Breeze als Sänger. 2011 und 2014 war er schon beim Wacken-Open Air dabei (aber als Comedian). Ceylan ist in zweiter Ehe verheiratet, hat vier Kinder. Er lebt mit seiner Familie in Weinheim.