CoronavirusKölns bekanntester Chinese über Rassismus und speziellen Promi-Trost
Köln – Nein, er ist zum Glück nicht krank. Aber das Virus bestimmt seinen Alltag.
In erschreckend vielen Facetten und auf unabsehbare Zeit: Rassismus, Geschäftsumsätze, Veranstaltungsabsagen, Sorgen um die Familie. Im EXPRESS berichtet Yen Souw Tain (32), derzeit Kölns prominentester Chinese, über sein Leben mit Corona.
Nachdem vor einem Monat die urplötzliche Angst vor der Infektionsgefahr aufkam, gab es einen bizarren Vorfall im Asia-Markt „Heng Long“ an der Aachener Straße.
Vor Tains Augen flüchtete eine vermummte Mutter mit ihrem verstörten Kind aus dem Laden – aus Panik vor Chinesen. Über den Vorfall schrieb er einen wütenden Facebook-Post mit dem Titel „Ich bin nicht das Virus“.
Nach dem EXPRESS-Bericht über den „Corona-Rassismus“ (hier lesen Sie mehr) stürzten sich diverse Medien auf den 32-Jährigen und machten ihn zum bekanntesten Asiaten Deutschlands: „Ich gab rund 20 Interviews am Tag, am Telefon oder vor Kameras hier im Laden. Es war unglaublich.“
Coronavirus in Köln: Natascha Ochsenknecht spendet Trost
Über das Thema Diskriminierung sprach Tain auch vor diversen Promis und Gesundheitsexperten in der ersten Live-Sendung von Marco Schreyl auf RTL.
Seine Worte bewegten Hunderttausende Zuschauer. Show-Star Natascha Ochsenknecht sprang spontan vom Podium auf, umarmte Tain unter dem Applaus des Publikums und sagte: „Das finde ich ganz, ganz traurig und schlimm, dass Menschen andere ausgrenzen. Es kann jeden erwischen. Und morgen kannst du das sein.“ Tain freut sich immer noch über diese Solidarität und Unterstützung: „Ihre Reaktion fand ich sehr schön. Es zeigte, dass die Leute Mitgefühl haben.“
Doch immer noch halten Kunden offenbar Chinesen für besonders ansteckend: „Es kommt vor, dass Menschen mit Atemschutz- oder Feinstaubmasken einzukaufen. Wenn sie den Markt verlassen und auf der Straße sind, nehmen sie die Masken wieder ab.“
Coronavirus in Köln: Kundin in Apotheke hält Abstand zu Asiaten
Auch in einer Apotheke fühlte sich Tain gedemütigt, als in einer Warteschlange eine Frau zu ihm mehr Abstand gehalten habe als zu deutsch aussehenden Kunden.
„Das macht mich traurig. Alle können durch das Corona-Virus krank werden – nicht nur Asiaten. Und in Deutschland sind ja auch bisher nur Deutsche am Corona-Virus erkrankt.“
Umsatzmäßig habe Corona zu einer Tal- und Bergfahrt geführt: „Zuerst nahmen die Einnahmen wie auch in den China-Restaurants deutlich ab. Dann kamen die Hamsterkäufe, und seitdem sind Reis, Nudeln und Soßen sehr stark gefragt. Wenn wir Klopapier führen würden, wäre wohl auch das weg.“
Nicht genug: Corona machte ihm auch bei einem Riesen-Event einen Strich durch die Rechnung: „Ich bin Mit-Organisator der jährlichen »Euro Mulimpia«, einer Art Olympia für diverse Kampfkünste, mit mehr als 1000 Teilnehmern. 2016 war sie in Köln, jetzt sollte sie Ende Mai in Den Haag stattfinden. Die wurde nun auch abgesagt.“
Letzte Frage: Hat ein China-Markt eigentlich jetzt Nachschubprobleme aus China?
„Unsere bestellten Waren wurden vor der Krise produziert und kommen noch an. Sie sind ja einen Monat in den Lagerhallen und rund vier Monate auf dem Seeweg. Wenn jetzt nichts mehr produziert wird, werden wir das also im Herbst merken.“